Unsere Kolumne: Ein Blick über die Grenzen

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Internationaler Humanismus: Ein Blick über die Grenzen:
Zur Situation humanistischer Organisationen außerhalb Deutschlands

„Von Ihnen habe ich vorher noch nie gehört“, heißt es häufig, wenn wir uns mit unserem Info-Stand an Straßenfesten oder sonstigen öffentlichen Gelegenheiten beteiligen.

So wie uns geht es vielen humanistischen Organisationen – nicht nur hier in Deutschland, sondern weltweit. Wer weiß schon, dass in so gut wie jedem europäischen Land Hand in Hand mit dem Rückgang der Mitgliederzahl der christlichen Kirchen humanistische Organisationen mit sozialen und lebensbegleitenden Diensten entstehen, dass es in arabischen Ländern online-Netzwerke nichtreligiöser Menschen gibt, dass in Uganda in den letzten Jahren zwölf humanistische Schulen aufgebaut wurden oder dass auf den Philippinen ein Verband von Atheisten und Agnostikern sich für einen Humanismus ohne Theismus, für Frauen- und Homosexuellenrechte einsetzt?

Die Gründe für die meistens noch geringe öffentliche Wahrnehmung sind unterschiedlich: Wem, wie in den offiziell islamischen Staaten, die Todesstrafe droht, wenn er Kritik an Religion äußert, wird seine Überzeugung nicht offen kundtun. Wer in einem Land mit geschützter Meinungsfreiheit lebt, ist Teil einer (manchmal schon unübersichtlichen) pluralistischen Vielfalt an Dienstleistungs- und Sinnangeboten. Hier hängt die Sichtbarkeit humanistischer Organisationen wesentlich davon ab, ob staatlicherseits die vernunft- und evidenzbasierten, die freiheitliche Gesellschaft fördernden humanistischen Prinzipien gegenüber irrationalen und manipulierenden Tendenzen anerkannt und gefördert werden. Konkret heißt das: Wo, wie in den Niederlanden, Belgien oder Norwegen, die Angebote der humanistischen Organisationen denen der Kirchen gleichgestellt und auch in gleichem Maße finanziell unterstützt werden, da kann sich neben der professionellen auch eine damit zusammenhängende ehrenamtliche Arbeit viel leichter entfalten und die Menschen sind dankbar für Angebote, die ihren Bedürfnissen besser entsprechen als die traditionellen. Nichtreligiöse Jugend-, Hochzeits- oder Trauerfeiern, humanistische Lebensberatung oder nichtreligiöser Werteunterricht sind dann nichts Unbekanntes mehr.

Um neu entstehende Organisationen zu unterstützen und humanistische Prinzipien auf der politischen Ebene besser zur Geltung zu bringen, wurde 1952 in Amsterdam die International Humanist and Ethical Union (IHEU) gegründet und 1991 in Brüssel die European Humanist Federation (EHF), die in verschiedenen Gremien der EU und des Europarates die Interessen nichtreligiöser Menschen vertritt: Menschenrechte, die Trennung von Staat und Kirche, Diskriminierung nichtreligiöser Menschen.

Der Vernetzung und gemeinsamen Freizeitgestaltung junger Humanisten dient die länderübergreifende International Humanist and Ethical Youth Organisation (IHEYO).

Beim Vergleich humanistischer Organisationen in aller Welt lässt sich feststellen: Sie haben ähnliche Ziele und ähnliche Probleme, das Wichtigste aber ist, die humanistischen Werte finden sich in allen Kulturen wieder. Humanismus verbindet.

Hedwig Toth-Schmitz, 30. November 2018