Unsere Kolumne: Christlicher Humanismus

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Der Christliche Humanismus – Warum sich Glaube und Evolutionärer Humanismus ausschließen

Jeder Humanismus stellt Fragen nach dem Menschsein, der Herkunft des Menschen und dessen weiterer Entwicklung. Verschiedene historische Strömungen wie der naturalistische, materialistische und meist atheistische Humanismus stellen den Menschen ins Zentrum ihrer Überlegungen: Alles entspringt dem Menschen und soll zu seinem Nutzen sein. Normative Systeme gehen allein auf den Menschen zurück und auch seine Naturausstattung kann der Mensch selbst verändern.

Der christliche Humanismus nimmt zwar den Menschen in den Blick, behauptet jedoch den Primat einer göttlichen Offenbarung und ist damit streng genommen kein Humanismus. Auch die großen Denker der Neuzeit, Philosophen wie G.W. Leibniz, I. Kant oder G.W.F. Hegel waren diesem Denkmuster verhaftet und konnten sich eine Entstehung des Universums und vor allem des Lebens ohne eine schöpferische Kraft a la Aristoteles‘ Ersten Beweger nicht vorstellen.

Im 21. Jh. wissen wir, dass bis dato keine einzige naturwissenschaftliche Fragestellung existiert, die ohne das Mitwirken eines übernatürlichen Wesens prinzipiell nicht lösbar wäre. Christliche Humanisten der Gegenwart sind sehr bemüht, die Vereinbarkeit von Glauben und Wissenschaftlichkeit nachzuweisen. In Bezug auf die wesentliche Frage nach der Herkunft des Menschen, die durch die Evolutionstheorie erklärt ist, zeigen sie sich allerdings bemerkenswert schlecht informiert.

Vor allem wird der Begriff Theorie immer wieder falsch verwendet: Eine wissenschaftliche Theorie ist die Bezeichnung für ein analytisch nicht beweisbares (verifizierbares), jederzeit widerlegbares (falsifizierbares), bisher aber nicht widerlegtes naturwissenschaftliches Lehrgebäude, das die Grundlagen und Gesetzmäßigkeiten eines Fachgebietes in stimmiger Weise zusammenfasst und auf empirischen Befunden und logischen Erkenntnissen beruht. Das heißt aber nicht, dass eine wissenschaftliche Theorie eine irgendwoher zusammengekehrte Ideensammlung oder ein unbelegter Erklärungsversuch für natürliche Phänomene unbekannten Ursprungs ist.

Außerdem wird in Bezug auf die Evolutionstheorie behauptet, es gäbe eine lineare Entwicklung von Arten und eine Zielgerichtetheit der Evolution (Teleologie), es gäbe in natürlichen Vorgängen Kausalität, die Evolutionstheorie sei nicht empirisch nachprüfbar oder Zufall könne kein zentrales Prinzip einer Theorie sein.
Alle diese Behauptungen sind falsch und es wird versucht, die Unterschiede zwischen Menschen und anderen Tieren als prinzipiell statt als nur graduell darzustellen, immer wieder gegen neueste Erkenntnisse. Dieses Herausnehmen der Menschheitsentwicklung aus der allgemeinen Entwicklung des Lebens verhindert die Erkenntnis der Gottlosigkeit dieses Universums.

Die Bruchlinie zwischen christlichem Humanismus und Darwins Evolutionstheorie verläuft hauptsächlich entlang des Begriffs der Teleologie: Der evolutionäre Humanismus hat entgegen den Behauptungen keinen falschen Begriff von Teleologie, sondern er bestreitet jede Teleologie. Denn im natürlichen Prozess von Mutation und Selektion gibt es kein festes, immer gleiches Ziel. Evolution ist ein ständiger und nicht umkehrbarer Prozess und sie ist nicht zielgerichtet.

Der christliche Humanismus sieht als Basis für seine Naturteleologie die DNA, in der angeblich alle organischen Prozesse angelegt und vorgeformt sind, und postuliert Gott als unverrückbares Ziel des angeblichen teleologischen Prozesses. Er sieht die Evolution als zielgerichteten Prozess der Auswirkung göttlicher Schöpfung.

Christen und atheistische Humanisten reagieren auf dieselbe Realität, jedoch in unterschiedlicher Art und Weise. Christen betrachten alles im Lichte ihres Glaubens und der Gegenwart ihres Gottes. Humanisten bestreiten dessen Existenz bis zum Beweis des Gegenteils und brauchen für ihr Verständnis der Welt keine unbeweisbaren übernatürlichen Wesen.

Dr. Karl-Heinz Büchner, 5. Juni 2018