Spahn darf Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht unterlaufen
Mainz / Saarbrücken, 02.08.2020. Der Humanistische Verband Deutschlands, Landesverband Rheinland-Pfalz/Saar e.V. (HVD RLP/Saar) warnt vor einem erneuten Anlauf der Politik, die Suizidhilfe zu verbieten. Anlass ist ein aktuelles Gesetzgebungsverfahren unter Federführung des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn, mit dem der Schutz der Freiheitsrechte erneut unterlaufen werden könnte. Dazu hat der Humanistische Verband Deutschlands – Bundesverband einen offenen Brief an Gesundheitsminister Jens Spahn verfasst, den der HVD RLP/Saar ausdrücklich unterstützt.
Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Urteil vom 26.02.2020 das Suizidhilfeverbot (§ 217 StGB) für nichtig erklärt, da es nicht mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar ist. Praktisch bedeutet das: Hilfe zur Selbsttötung darf nicht länger kriminalisiert werden. Dies hat der HVD RLP/Saar als eine der wenigen Stimmen in Rheinland-Pfalz und im Saarland ausdrücklich begrüßt. Das Urteil verdeutlicht, dass der Gesetzgeber das verfassungsmäßig garantierte Selbstbestimmungsrecht auch am Lebensende achten und die Menschenwürde Sterbewilliger schützen muss.
Nun versucht Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, dies mit einem „legislativen Schutzkonzept“ zu unterlaufen. Zur Erarbeitung des Konzepts wurden allerdings nur Verteidiger*innen des alten, für nichtig erklärten Gesetzes eingeladen. „Die Entwicklung gesetzgeberischer Regelungen zur Suizidhilfe darf nicht einem kleinen Kreis von Institutionen und Fachleuten überlassen werden, die durch Jens Spahn handverlesen wurden. Sie erfordert vielmehr eine breite gesellschaftliche Debatte, um den gesamten Wertekontext unserer Gesellschaft einbeziehen zu können. Andernfalls steht zu befürchten, dass nach einer interessengeleiteten Gesetzgebung die Freiheitsrechte der Einzelnen erneut in langwierigen Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht eingeklagt werden müssen“, so Hedwig Toth-Schmitz, die Vorsitzende des HVD RLP/Saar. „Wir hoffen, dass die Medien und die kritische Öffentlichkeit in Rheinland-Pfalz und im Saarland die Diskussion auch vor Ort führen und nicht allein der Bundespolitik überlassen.“
[1] Offener Protestbrief des HVD Bundesverbands an Jens Spahn