Islamunterricht in Rheinland-Pfalz und im Saarland: Ministerien sehen begrenzten Einfluss von DITIB

Mainz/Saarbrücken, 29.12.2020 Auf Anfrage des Humanistischen Verbandes Rheinland-Pfalz/Saarland e.V. erteilen die Bildungsministerien in Rheinland-Pfalz und Saarland Auskunft über Einzelheiten ihrer Zusammenarbeit mit DITIB im Blick auf die Einführung islamischen Religionsunterrichts.

Ende April bzw. Anfang Mai 2020 richtete der Humanistische Verband Rheinland-Pfalz/Saarland e.V. (HVD RLP/Saar) eine Anfrage an die jeweiligen Landesregierungen zur Zusammenarbeit mit dem Moscheeverband „Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V.“ (DITIB) hinsichtlich der Einführung von Islamunterricht an staatlichen Schulen. Hintergrund waren erhebliche Zweifel an der Unabhängigkeit der DITIB-Landesverbände von der türkischen Religionsbehörde Diyanet, die als Akteur des politischen Islam betrachtet wird. Auslöser waren zudem verschwörungstheoretische und homophobe Äußerungen des Präsidenten der türkischen Religionsbehörde, Ali Erbas.

Als Interessenvertretung konfessionsfreier Menschen sieht sich der HVD RLP/Saar den Werten einer diskriminierungsfreien Gesellschaft und der Religionsfreiheit in besonderer Weise verpflichtet. Deshalb äußerte er die Sorge, dass Schulkinder in unseren Bundesländern dem Einfluss fundamentalistischer Inhalte und Wertorientierungen des politischen Islam ausgesetzt werden könnten.

Mitte Oktober bzw. November gingen nach mehreren Erinnerungen die Antworten des Ministers für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, Prof. Dr. Konrad Wolf (Rheinland-Pfalz), sowie der Ministerin für Bildung und Kultur, Christine Streichert-Clivot (Saarland) ein.

In beiden Schreiben wird dargelegt, dass hinsichtlich der Lehrinhalte des islamischen Religionsunterrichts mit verschiedenen Islamverbänden kooperiert wird, darunter auch DITIB. Die Unterrichtsangebote erfolgen in Rheinland-Pfalz und im Saarland in unterschiedlichen Entwicklungsstadien und auf unterschiedlicher Grundlage (Rheinland-Pfalz: Zielvereinbarung; Saarland: Modellversuch). Jedoch legen beide Landesregierungen Wert auf die Feststellung, dass der Islamunterricht durch staatliche Lehrkräfte erteilt werde, die zu einer Unterrichtstätigkeit auf dem Boden des Grundgesetzes und der Landesverfassung verpflichtet seien. In beiden Ländern werde kein Unterricht durch DITIB-Angehörige oder vom türkischen Staat eingestellte Personen erteilt. Beide Ministerien teilen überdies das durch den HVD RLP/Saar vorgebrachte „Entsetzen“ (Streichert-Clivot) über die Äußerungen des Diyanet-Präsidenten.

Vorstand und Mitglieder des HVD äußerten Erleichterung dahingehend, dass offenbar keine direkte Einflussnahme durch DITIB auf Schulkinder in den Ländern erfolge. Auch sei eine kritische und allein an der Verfassung orientierte Auseinandersetzung der Ministerien mit Tendenzen des politischen Islam erkennbar.

„Wir sehen uns durch die Antworten von Ministerin Christine Streichert-Clivot und Minister Konrad Wolf in unserem Anliegen bestärkt, hinsichtlich der Einführung von Islamunterricht besonderen Wert auf kritische Distanz des Staates zu bestimmten Gruppierungen zu legen und transparente Verfahren einzufordern“, so die Vorsitzende Hedwig Toth-Schmitz. „Gleichwohl sehen wir die Einführung eines eigenen Religionsunterrichts für weitere Religionsgemeinschaften neben den schon bestehenden Angeboten der beiden christlichen Konfessionen nicht als adäquate Lösung für die Werteerziehung.“ Der HVD RLP/Saar setzt sich statt dessen in einer zunehmend vielfältiger werdenden Gesellschaft ein für einen Ethikunterricht, der ein gemeinsames Lernen aller SchülerInnen ermöglicht, ohne sie nach Konfessions- bzw. Religionszugehörigkeit voneinander zu trennen.

Die Schreiben der Ministerien können bei Interesse per E-Mail an info@hvd-rlp-saar.de angefordert werden.